Blast 1: Masse (Reprodukt)

Etwas gänzlich anderes erwartet uns in diesem französischen Werk. Schwarz-weiß und doch nicht. Kurz und doch endlos. Das ist Blast 1: Masse!

(Copyright: Reprodukt)
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Titel: Blast 1: Masse
Format:
Hardcover
Verlag:
Reprodukt
Erschienen:
2012
Autor:
Manu Larcenet
Zeichner:
Manu Larcenet
Seiten:
208
Preis:
29,00 €

Handlung:
Polza Manzini, ein Mörder? Er ist ein dicker Mensch, unästhetisch würden viele sagen. Ein Schriftsteller, der sein bürgerliches Leben aufgab, um in der Unbeschwertheit, der Freiheit nach dem “Blast” zu suchen. Der “Blast”, wie er ihn beschreibt, ist ein Gefühl der geistigen Grenzenlosigkeit. Ein Gefühl, das ihm, diesem schwermütigen Menschen, das Gefühl gibt zu schweben. An sich ein schönes Gefühl, doch steht die Frage im Raum: Polza Manzini, ein Mörder? Die Polizei erhofft sich bei einem Verhör aufschlussreiche Informationen, ein Geständnis und die Beweggründe für den vermeintlichen Mord. Doch das, was die Beamten bekommen ist Manzinis Geschichte. Eine Geschichte, ein Gemisch aus Fantastischem und – in den Augen der Polizisten – Belanglosem. Doch um zu verstehen muss das große Ganze gesehen werden. Ob es Manzini am Ende gelingt, Klarheit zu schaffen wo einst Ungewissheit herrschte? Findet sich gar die Antwort auf die Frage: Polza Manzini, ein Mörder?

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Grafische Aufmachung: 10/10
Schon beim Einband merkt man direkt, das, was hier verkauft wird, ist kein Comic im herkömmlichen Sinne. Es ist viel mehr das Streben nach philosophischer Kunst. Der Leser kann von Titel und Cover überhaupt nicht auf den Inhalt schließen. Der Zeichenstil scheint ungenau und rau. Die Stimmung, die dadurch erzeugt wird: Depression. Schlägt man das Werk dann auf, ist man erst einmal verwundert. Schön gezeichnet ist das nicht. Viel mehr gleicht es Kritzeleien eines gelangweilten Schülers. Es wirkt wie ein Rohentwurf, eine Skizze. Farben? Fehlanzeige! Und dennoch stört es nicht. Es passt viel mehr perfekt. Minimalistisch, nicht vom Inhalt ablenkend und damit optimal eingesetzt. Denn hier ist nicht die Zeichenkunst ausschlaggebend, sondern das, was uns das Comic vermitteln möchte. Jede noch so wundervolle Zeichnung hätte diesem Werk den Sinn genommen. Ich befinde mich bei der Benotung wahrlich in einem Zwiespalt. Auf der einen Seite ist es zeichnerisch wirklich schlecht. Andererseits bewegen wir uns hier künstlerisch auf höchstem Niveau. Und weil man hier sehr genau merkt, dass nichts dem Zufall überlassen wurde, fällt auch mein Urteil entsprechend aus!

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Anspruch: 10/10
Was will uns dieses Werk sagen? Im Gegensatz zu vielen Comics geht es hier nicht um eine Heldengeschichte, bei der versucht wird mehr oder minder subtil auf irgendeine moralische Verwerfung hinzuweisen. “Blast” zeigt uns auf eine eindrucksvolle Art und Weise, dass man sehr gut auf Superhelden verzichten kann und dem Leser trotzdem etwas mitzugeben imstande ist. Schon nach den ersten Seiten kommt man nicht umher, jedes noch so unscheinbare Panel auseinanderzunehmen und zu interpretieren, nur um kurz darauf die Analyse wieder zu hinterfragen. Das Werk lebt von diversen aussagekräftigen Bildern, in denen nichts gesagt wird. Es ist schier unmöglich alle Anspielungen, Vergleiche und Metaphern auf einmal wahrzunehmen. Die Tiefe, die Ruhe und das Poetische, das dieser Band ausstrahlt, macht aus dem Werk ironischerweise eine extrem spannende Reise in eine Welt, die einerseits schön und erstrebenswert,  jedoch auch traurig und bedauerlich zugleich anmutet. Der Leser ist in dieser Melancholie gefangen, spürt jedoch stets auch die Zufriedenheit des schwermütigen Polza und durchlebt so selbst eine Art “Blast” während des Lesens. Ein ungeheuerliches Werk im positivsten aller Sinne!

Gesamteindruck: 10/10
Aufmerksam gemacht auf dieses Comic wurde ich durch das Review meines Kollegen Emanuel Brauer von Bizzaroworldcomics. Volle Punktzahl bekam das Werk bei ihm und so war es nur eine Frage der Zeit, bis ich meine eigene Bestellung aufgab.
Als ich die ersten Seiten überflog war ich ob der vermeintlich miesen Zeichnungen noch skeptisch, doch schon nach den ersten Panels, denen ich mich intensiver widmete war mir klar, dass ich hier ein potenzielles Meisterwerk in meinen Händen hielt. Das Comic verkörpert eine emotionale Sphäre, die ich bislang noch in keinem vergleichbaren Werk erfahren habe. Auch wenn man anfangs wenig mit dem Begriff des “Blast” anfangen kann; wenn man den Band zuende gelesen hat, weiß man ganz genau, was Polza uns hier beschreibt. Man ist gespannt, welche Stationen in Polzas Leben als nächstes geschildert werden, doch nicht der Begebenheiten wegen, sondern aufgrund des Unterschwelligen, das uns auf jeder Seite die depressive Euphorie spüren lässt. Auch die vielen Panels ohne Text haben mehr Inhalt als so manches mehrteilige Comic-Werk. Subtilität wird hier mit noch tieferer Subtilität ergänzt und man fühlt sich fast schon wie im Film “Inception” – in einem Traum im Traum. Die skizzenartige Aufmachung charakterisiert genau das, was das Comic ist: Eine Skizzierung des Lebens. Deprimierend und doch mit Freuden gespickt, die viele nicht verstehen. Ausbrechen aus der modernen Welt wird oft mit Irrsinn abgetan und das Große im Kleinen wird von den meisten nicht mehr wahrgenommen. Philosophisch wertvoller geht es wohl nicht und wer in diesem schwarz-weißen Spiegel keine farben erkennt, wird auch künftig dem Stillstand des Geistes unterliegen.
Blast 1: Ein Meisterwerk!