Eine Gesellschaft ist so vielschichtig wie deren Mitglieder individuell sind. Jeder Mensch ist anders und kein Charakter gleicht dem anderen. Dass wir jedoch nicht alle gänzlich Unikate sind, zeigt sich daran, dass sich innerhalb einer Gesellschaft seit jeher Untergesellschaften bilden, deren Basis in der Regel gemeinsame Interessen, ethnische und religiöse Belange oder politische Gesinnungen sind. Dass sich der Mensch in Gruppen zusammenschließt und nicht komplett als Einzelgänger durch das Leben geht, bietet zudem viele Vorteile. Einer dieser Vorteile ist der innerkollektive Austausch über das verbindende Thema.
Gerade bei uns Comicliebhabern hat man außerhalb der Fangemeinde mit allerlei Vorurteilen zu kämpfen. Wenn man als Erwachsener erzählt, dass man Comics liest, wird einem direkt Infantilität und soziale Abschottung unterstellt. Das Problem bei solchen Vorurteilen ist jedoch überall zu beobachten und beschränkt sich nicht nur auf Comicleser. Alles was nicht dem vermeintlich normalen Leben entspricht, wird erst einmal negativ bewertet. Dabei würde man sich wundern, wie geistig jung und leidenschaftlich viele im privaten Raum an mitunter obskuren Hobbys hängen. Es fehlt der Gesellschaft lediglich an einem Grundverständnis. So hat es der Comic-Kult erst durch die Verfilmungen langsam aber stetig geschafft, aus dem Schatten zu treten und seinen Platz in der breiteren Gesellschaft zu finden. Mittlerweile trauen sich immer mehr, ihre Leidenschaft auch nach außen zu tragen, ohne sich dafür schämen zu müssen. Ikonen wie Superman oder Batman finden sich in jeder Fußgängerzone als T-Shirt oder Kopfbedeckung wieder und kaum jemand käme auf die Idee, den Träger als sozialen Härtefall zu bezeichnen.
Wie man sieht haben Comics also eine ebenso verbindende Wirkung auf Menschen wie es beispielsweise die Musik hat. Leider gibt es jedoch ebenso wie bei der Musik auch bei den Comicfans Mitglieder, die vergessen, worum es eigentlich geht. Comics haben vor allem in ihren frühen Jahren mitunter enorm politische Inhalte gehabt. So entstand beispielsweise der Black Panther zu einer Zeit, als die schwarze Bevölkerung in den USA gegen die Unterdrückung des weißen Establishments aufbegehrte, und setzte so ein klares Zeichen für die Gleichberechtigung. Auch die aktuellen Green Lanterns, Simon Baz und Jessica Cruz sind schöne Beispiele für das Politische in den Comics. In einer Zeit, in der Trump alle illegalen Einwanderer ausweisen will und der Islam der erklärte Feind der freien Welt ist, stellt man eine Hispano-Amerikanerin und einen Moslem als Verteidiger der USA in den Mittelpunkt. Dementsprechend liegt der Fokus des Mediums Comic auf einem Gemeinschaftsgefühl und gegenseitigem Respekt – egal woher du kommst oder woran du glaubst.
Damit wären wir nun beim eigentlichen Grund meines Textes. Innerhalb des Szene kommen immer wieder “Fans” auf die Idee, Verlage schlechtzureden und ihren Lieblingsverlag über alles zu stellen. Am krassesten finden sich diese Anfeindungen im Bereich der Branchenriesen DC und Marvel wieder. Für mich bieten beide Verlage sowohl einzigartige Geschichten, die absolut als literarische Meisterwerke anzusehen sind, als auch Storylines, die man sich durchaus hätte sparen können. Die jeweiligen Helden haben fast immer ein entsprechendes Pendant beim Konkurrenten und wenn man der Frage nachgeht, wer von wem am meisten geklaut hat, findet man den Schuldigen auf beiden Seiten. Verlage sind natürlich von wirtschaftlichen Interessen getriebene Unternehmen, die Geld in die Kassen spülen müssen, um das Fortbestehen zu sichern. Deshalb ist es auch kaum verwunderlich, dass zwischen den beiden Verlagsriesen über die Jahre auch mal etwas Unmut aufgekommen ist. Das bedeutet aber nicht, dass sich die Fans wie bei Marvels “Civil War” für eine Seite entscheiden müssen. Für uns Leser geht es in erster Linie immer noch um die Unterhaltung und die Faszination Comic – und hier im Speziellen den Superheldencomic.
Was gibt es nicht alles zu diskutieren, wenn man unter Gleichgesinnten ist? Welcher Held ist der stärkste? Wer kann am schnellsten Rennen? Oder einfach Hintergrundwissen, das untereinander ausgetauscht wird. Niemand kann alles wissen und an gewissen Punkten ist es auch oftmals Auslegungssache, wie man etwas bewertet. Diese Fragen beschränken sich jedoch nicht nur auf einen Verlag, sondern führen auch – und besser vor allem – verlagsübergreifend zu immens viel Diskussionsstoff. Und genau hier liegt doch das Wunderbare in unserer Fangemeinde: Wir teilen alle die Leidenschaft Comics. Also meine Bitte an alle, die glauben, sie müssten sich für einen Verlag entscheiden: Lasst es!
Meiner Meinung nach ist es sogar gänzlich unmöglich, einen Verlag komplett abzulehnen, da sich zwischen Marvel und DC über die Jahrzehnte dermaßen viele Überschneidungen ergeben haben, seien es Zeichner, Autoren, Crossover oder andere Kooperationen und Wechsel, dass man die beiden Universen gar nicht per se verteufeln kann. Sich gegen einen Verlag komplett zu sperren zeugt nur von Ignoranz und Infantilität und zeigt den wahren Fans nur eines: Dass man den Sinn der Comics nicht verstanden hat!