Mark Millar’s Fantastic Four – Band 1-6 (Marvel/Panini)

Die Fantastic Four sind seit jeher das Aushängeschild der Marvel Comics. Leider sind sie in den letzten Jahren immer mehr in Vergessenheit geraten und seit dem letzten “Secret War” aus dem Jahre 2015 nur in Teilen und komplett zerstreut anzutreffen, nachdem sich Reed und Franklin Richards daran gemacht hatten, das ursprüngliche Multiversum wiederherzustellen.

Glücklicherweise gibt es gute Neuigkeiten im Bezug auf “Marvel’s First Family” , denn nach einem kürzlich erschienenen Teaser wird es eine neue Serie mit den Fantastischen Vier und deren beider Kinder geben. Grund genug für mich, den bereits 9 Jahre alten FF-Run von Mark Millar und Bryan Hitch aus dem Regal zu kramen und mich wieder kräftig in Stimmung zu lesen.

Da ich nicht für jeden der sechs Bände eine eigene Rezension schreiben möchte, es jedoch trotzdem als eine Art Themenwoche gestalten will, werde ich diesen Beitrag Tag für Tag um das Fazit zum nächsten Band erweitern, so dass am Ende der Woche alle sechs Comics besprochen sind und als große Gesamtrezension daherkommen.

Los geht’s!


(©Marvel Comics, erschienen bei Panini Comics)

Band 1: Einzigartig / Fantastic Four #554-557

Inhalt: “Während Sue ihre Freundinnen für ein wohltätiges Superhelden-Team versammelt, Johnny seine Rockstar-Karriere vorbereitet und Ben ungeahnte Gefühle entdeckt, taucht plötzlich Reeds alte College-Liebe im Baxter Building auf. Alyssa Castle, ehemals Moy, hat nämlich ein ernstes Problem. Die brillante Wissenschaftlerin und ihr Mann arbeiten an Erde 2 – einem lebensgroßen, künstlich erschaffenen Planeten in einer Paralleldimension. Die neue Heimat der Menschen, wenn das Ende der Welt gekommen ist. Und dass das kommt, daran gibt es keinen Zweifel mehr…” – Inhaltsangabe gemäß Einband

Eindruck: Die Geschichte wird hier sanft eingeleitet und wir erleben etwas vom doch teilweise ordinären Alltag der Familie Richards/Storm/Grimm. Allzu lange hält diese Beschaulichkeit jedoch nicht an, denn auch wenn kein riesiges Monster um die Ecke kommt, sorgt die Konfrontation mit Erde 2 durchaus für einen “Oha-Effekt”. Für wirkliche Action sorgt vorerst aber nur Johnny, der es mit einer heißen Schurkin aufnimmt, nur um dann mit ihr – ach, lassen wir das…

Mark Millar lässt sich Zeit und springt nicht direkt in einen bombastischen, actiongeladenen Konflikt – und das tut dem Ganzen sehr gut. Denn anders als man es heutzutage von vielen Heftserien kennt, sind die FF in erster Linie ein gewisser Ruhepol innerhalb des Marvel-Universums. Nicht dass sie nicht bereits etliche Action durchlebt hätten, doch sie sind und bleiben primär eben die “First Family“. Richtig los geht es dann nämlich erst so richtig ab US-Heft #3, als der Security-Bot der Erde 2 außer Kontrolle gerät und auf Erde 1 landet, wo er versucht, alle militärischen Einrichtungen plattzumachen.

Als sich die Lage nach dem durchaus bombastischen Gefecht, an dem auch etliche andere Superhelden beteiligt waren, wieder beruhigt hatte, erfahren wir etwas mehr über die Beziehung von Reed zu Alyssa und bekommen mit, was zwischen Johnny und der geheimnisvollen Schurkin Psionics läuft. Dieser ruhige Rahmen um das Actionspektakel in er Mitte macht Band 1 zu einem recht runden Lesevergnügen, dem es nicht wirklich an etwas mangelt. Millar bringt uns seine Interpretation der Charaktere etwas näher und lässt hier und da durchblicken, dass es mit Erde 2 wohl noch mehr auf sich hat als wir bislang erleben durften. Optisch kann sich das Ganze ebenfalls sehen lassen, denn auch wenn Bryan Hitchs Panels hier und da mit etwas unsauberen Pinselstrichen daherkommen, hat das Auge seine Freude.


(©Marvel Comics, erschienen bei Panini Comics)

Band 2: Der Tod der Unsichtbaren / Fantastic Four #558-561

Inhalt: “Eine neue Superschurkenbande namens “New Defenders” hat Doctor Doom aus seiner Gefängniszelle entführt. Und nicht einmal die Fantastischen Vier sind in der Lage, den Monarchen Latverias vor den Kidnappern zu schützen. Johnnys Beziehung mit der Schurkin Psionics gerät zum Debakel, und ihr Vater Lightwave und seine Familie sehen das gar nicht gern. Kommt Johnny mit einem blauen Auge davon, oder gibt’s am Ende noch ‘ne Zwangsheirat?” – Inhaltsangabe gemäß Einband

Eindruck: Wie schon in Band 1 unterschwellig angekündigt hatte, nimmt die vermeintliche Ruhe nun Reißaus und wir bekommen es mit einer verfeindeten Gruppierung zu tun, die offensichtlich ziemlich mächtig zu sein scheint und allem Anschein nach auch recht finstere Ziele verfolgt. Die Charakterwahl überzeugt dabei und wir sehen den einen oder anderen alten Bekannten…vielleicht?!

Sicher ist jedoch, dass die Fantastic Four etwas unternehmen müssen, um den New Defenders das Handwerk zu legen; und das tun sie auch! Millar geht hier direkt in die Vollen und sorgt für ordentlich Action, Spannung und viele Fragen. Diese werden zwar immer wieder beantwortet, jedoch nicht ohne direkt neue Fragen aufzuwerfen. Insgesamt rennt man regelrecht durch die Seiten und versucht, dem Mysterium hinter den New Defenders auf die Schliche zu kommen. Und spätestens am Ende, wenn wir “Die Galactus-Maschine” kennenlernen, wissen wir, dass es dieser Truppe wirklich ernst ist!

Zum Ende hin wird das Ganze dann zwar aufgeklärt und man könnte sich fragen, weshalb man einen solchen Cliffhanger kurz vor Ende des Hefts auflöst, doch die Antwort darauf ist recht schlicht: Um uns einen neuen, deutlich tragischeren Cliffhanger aufs Tablett zu zaubern! Auch wird uns neben der Tragik am Ende ein weiterer Teaser für die zukünftigen Geschehnisse zugetragen. Und zwar von Doom selbst, als er von seinem Meister spricht, der sich wohl auf dem Weg zur Erde befindet.

Band 2 beeindruckt insgesamt durch sein ziemlich rasantes Tempo, vergisst dabei aber nicht, an einigen Stellen Geschwindigkeit herauszunehmen, um sowohl der Geschichte als auch den Charakteren Luft zum Atmen zu lassen und damit zu verhindern, dass sich die Handlung selbst überholt. Wer ist Dooms Meister? Was will er auf der Erde? Wie geht es nach “Der Tod der Unsichtbaren” weiter? Fragen über Fragen – und damit Spannung pur!


(©Marvel Comics, erschienen bei Panini Comics)

Band 3: Das Begräbnis der Unsichtbaren / Fantastic Four #562-565

Inhalt:Doctor Doom hat die Unsichtbare auf dem Gewissen. Und alle sind gekommen, um Sue Richards die letzte Ehre zu erweisen. Trotz der traurigen Umstände wagt Ben Grimm den Schritt, von dem er sein ganzes Leben geträumt hat. Doch sein Glück scheint nur von kurzer Dauer, denn der Meister von Doom ist auf dem Weg zur Erde. Plus: Ein Besuch bei Reeds entfernten Verwandten gerät zum Debakel, als eine Kreatur jenseits aller Vorstellungskraft die Abkömmlinge der Richards zum Verzehr auswählt.” – Inhaltsangabe gemäß Einband

Eindruck: Band 3 besinnt sich im Gegensatz zu seinem Vorgänger wieder etwas auf das Familiäre zurück. Klar, Sue Richards ist tot und Ben Grimm will heiraten – das sind genug Emotionen, um einen alten FF-Fan zufrieden zu stellen. Neben all diesen guten und schlechten Ereignissen ist es jedoch die Unterhaltung zwischen Doom und Reed, die eine immense Spannung aufkommen lässt. Denn erstmals erfahren wir etwas mehr über Dooms Meister und bekommen sogar in einem “Perspektivwechsel” gezeigt, welch enorme Macht dieser Meister besitzt. Ein gelungener Einstand in die nächste, weiterführende Storyline!

Das zwei US-Ausgaben umfassende Weihnachtsspecial bringt hingegen wieder etwas familiäre Beschaulichkeit hinein, die es so wohl auch nur bei den Fantastic Four geben kann, ohne komplett im sinnfreien Kitsch zu enden. Dass in dieser beschaulichen schottischen Gegend jedoch ein riesiges Monster wartet, das glaubt, einfach mal so die kleine Valeria Richards fressen zu können, hätte man anfangs jedoch nicht vermutet. Somit müssen wir auch Weihnachten nicht ohne ordentlich Schuss im Kakao verbringen und erleben ein durchaus ansehnliches Actionspektakel, das mal wieder zeigt, wie gut es sich als Familie zusammenarbeiten lässt. Insgesamt macht dieser Band aufgrund seiner inhaltlichen Abwechslung viel Spaß und baut nebenbei auch gut Spannung auf. Millar und Hitch machen bislang einen wirklich guten Job!


(©Marvel Comics, erschienen bei Panini Comics)

Band 5: Der Meister von Doom / Fantastic Four #566-569

Inhalt: “Die Zeit ist endlich vorbei. Nach 20 Jahren des Mordens und Folterns kommt er aus den Weiten des Alls zur Erde zurück. Er ist der Mann, der Dr. Doom die Wege des Bösen zeigte. Und seine Rückkehr kündigt den größten Konflikt an, dem die Fantastischen Vier je ausgesetzt waren.” – Inhaltsangabe gemäß Einband

Eindruck: Mit dieser Ausgabe beschließen Millar und Hitch ihren Run und setzen nochmal einen oben drauf! Dooms Meister erreicht endlich die Erde und manchen könnte er sogar ein Begriff sein: Clyde Wyncham alias The Marquis of Death. Mit seiner immensen Macht und seinem absoluten Zerstörungsdrang stellt sich dieses Wesen gegen Reed Richards und seine Familie und die Art und Weise, wie uns diese Konfrontation dargeboten wird, ist einfach sagenhaft!

Millar gelingt es, eine nahezu perfekte Mischung aus Action, Machtdemonstration und ethisch-moralischem Konflikt herzustellen und erzeugt damit den kompletten Band über eine enorme Spannung. Der Marquis of Death wird klasse inszeniert und überzeugt nicht nur durch seine Macht, sondern auch durch seine Vorgehensweise, selbige zu demonstrieren. Er will die Fantastischen Vier nicht einfach auslöschen, er will Reed Richards dem Erdboden gleichmachen, was dieses Aufeinandertreffen zu einem der spektakulärsten seiner Art macht.

Und als wäre das noch nicht genug, gibt es am Ende einen Plot-Twist, der wirklich überrascht und der nicht, wie es bei anderen Autoren häufig der Fall ist, schon vorher auf der Hand lag. Besonders hervorzuheben ist neben alledem aber auch Dooms Rolle innerhalb des Ganzen. Denn wenn Dooms herausragendste Eigenschaft dessen Selbstbewusstsein ist, lässt sich dessen Ursprung spätestens hier begründen. Mark Millar gelingt mit diesem Abschluss das nahezu perfekte Finale für einen grandiosen Run, der mit Hitch, der sicherlich nicht der schlechteste Zeichner ist, auch tauglich illustriert wurde.